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Projektseite: ÜBER:LEBEN, 2 x 45 Minuten, TV - Dokumentation

Ein kurzer Blick in das Rohmaterial

Bildqualität unbearbeitet. Dient NUR zur Ansicht. Internal use only.

Im Sommer 2008 interviewte der Journalist Hans Hrabal 16 aus Wien stammende Holocaustüberlebende, die im Rahmen der Aktion „Letter to the Stars” von Österreich aus aller Welt nach Wien eingeladen wurden. Das Videomaterial geriet zunächst in Vergessenheit, bis 2024 der Produzent Robert Styblo das Material im Umfang von über 14 Stunden erhielt. Styblo sichtete das historische Material und will die einmaligen Zeitdokumente nach Kriterien des modernen Dokumentarfilms der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Interviews sind bisher unbearbeitet und unveröffentlicht. Die Videoaufnahmen sind ein erschütterndes Zeitdokument. Die Überlebenden geben aber auch Hoffnung, da sie alle nach ihrer Flucht ein erfülltes Leben aufbauen konnten. In den langen Interviews erzählen die Protagonistinnen und Protagonisten ihre, erstaunlich genauen, Erinnerungen an ihre Schulzeit, also die Zeit vor dem „Anschluss“, an den Einmarsch Hitlers und die Zeit danach. Sie schildern wie sie aus Wien flüchten konnten, wie sie sich im Ausland ein neues Leben aufgebaut haben. Sie sprechen über ihre Gefühle Wien und Österreich gegenüber. Nach so vielen Jahren und den, für sie sehr wichtigen, offiziellen Schuldeingeständnissen und Entschuldigungen der Republik Österreich haben sie sich mit Österreich versöhnt.

Angereichert werden die Interviews durch historisches Material aus dem ORF Archiv und Standbildern aus weiteren Archiven. Die in den Interviews angesprochenen Adressen von Wiener Schulen, Wohnhäusern und Behörden werden 2026 gedreht, um zu zeigen, wie die Schauplätze der Geschichte heute aussehen. Wer z.B. die jüdische Geschichte der Löwengasse in ÜBER:LEBEN gesehen hat, wird beim Durchfahren der Löwengasse daran denken. 

Protagonistinnen und Protagonisten 

Alfred Adolf Bauer, Anne Pisker, Arthur Kern, Edith Friedlander, Gerald Alexander Pollack, Gertrude Levi, Josef Harry Linser, Judith Hübner, Julian Scott, Leo Rechter, Maximilian Lerner, Nomi Meron, Robert Weiss, T. Scarlett Epstein,  Thea Margarete Rumstein, Walter Weitzmann.

Fünf Protagonistinnen und Protagonisten und ihre (verkürzten) Geschichten 

Trude Levi

Geboren 1924 in Ungarn an der österreichisch-ungarischen Grenze in Stein am Anger bzw. Szombathely. Starke Bindung nach Wien. Mutter, Wienerin. Großmutter und Tante wohnen in Wien. Großvater ist Antiquitätenhändler in der Mollardgasse / Pilgramgassengegend und Vorsitzender des Verbandes der Antiquitätenhändler. Trude ist oft in Wien und wird dort verwöhnt, spielt zwischen  dem wertvollen Mobiliar und genießt es, als Kind die Geheimladen der alten Sekretäre zu suchen. In Ungarn ist ihr Leben weniger unterhaltsam. Der Vater ist Arzt und Linkssozialist und verlangt für seine Behandlungen nur gelegentlich Bezahlung. Die Familie verfügt nicht über ausreichendes Vermögen. Bildung, Bücher und vor allem Musik werden trotzdem großgeschrieben. 


Der Vater betätigt sich nebenbei als Musikwissenschaftler und gilt in der Musikpsychologie noch heute als Kapazität. Als in Ungarn eine Kinderepidemie ausbricht, schicken die Eltern Trude in ein sozialistisches Kindererholungsheim nach Österreich. Trude hasst es. Die Kinder sind offen antisemitisch, die Aufseherinnen ignorant, nachlässig und unterdrückerisch. Sie selbst sagt, dass dies ein erster Vorgeschmack auf die Konzentrationslager war. Als die Nazis in Österreich einmarschieren, bricht der Kontakt zu Großmutter, Tante und Onkel rasch ab. Man weiß, dass die Verwandten nach 


Theresienstadt kommen. Dann gibt es keine Nachrichten mehr. Die ungarische Familie selbst wird erst gegen 1944 Opfer der Deportationen, als Ungarn von deutschen Truppen 

besetzt wird. Die Familie hat Visas nach England beantragt. Sie kommen eine Woche nachdem Ungarn den Alliierten den Krieg erklärt hat und die britische Botschaft bereits geschlossen ist. Der Vater wird als Sozialist verhaftet, schließlich wird die gesamte Familie deportiert, wird getrennt, trifft sich in den Lagern zufällig wieder. 


In einem Wagen mit 150 Insassen wird die Familie unter grauenhaften Bedingungen nach Auschwitz gebracht, 5 Tage ohne Wasser und Essen mit dem Zug, bei brennender Hitze. Die Mutter bricht zusammen. In Auschwitz angekommen, stirbt sie ohnmächtig in der Gaskammer. Der Vater kommt nach einem Monat um. Trude bleibt am Leben und kommt in ein Arbeitslager bzw. wird als Arbeitssklavin nach Deutschland geschickt, wo sie im Verwaltungsbereich des KZ Buchenwald in einer Sklavenfabrik Bomben herstellt. In der Fabrik gibt es eine Sabotagegruppe, bei der sie mittut. "Unsere Bomben sind meist sicher nicht explodiert. Wir haben die Zünder rausgemacht und mussten ständig aufpassen, dass wir nicht erwischt oder von Spitzel, die es unter uns gab, verraten werden”. 


Gegen Kriegsende werden die Häftlinge verlegt, weil die US-Truppen kurz vor Buchenwald stehen. Das Lager, in das man verlegt wird, ist ein SS-Lager und wird bald von alliierten Bombern angegriffen, doch die SS ist längst weg, die Opfer sind die Gefangenen. Ungeschützt stirbt Trudes bis dahin engste KZ Freundin in den Bomben, Trude überlebt mit nichts als einem Nachthemd am Leib und einem Buch mit Gedichten, das sie sich selbst aus Pappendeckel, losen Blättern und einem Stück Spagat gebunden hat und das sie wie einen Talisman behandelt. "Solange ich das Buch hatte, würde mir nichts passieren". Nach dem Krieg hat Trude die gesammelten Gedichte als Buch herausgegeben. 


Trude geht mit 14.800 Gefangenen auf einen Todesmarsch entlang der Elbe, zwischen vorrückenden US-Truppen auf der einen und russischen Truppen auf der anderen Seite. Sie umkreisen die Elbegegend zweimal und werden mal von der einen, mal von der anderen Seite beschossen, sobald diese deutsche Uniformen sehen. Die Wächter ziehen sich ebenfalls Häftlingskleidung an, um von den Tieffliegern nicht als deutsche Wachsoldaten erkannt zu werden. Zu essen gibt es für die Häftlinge nichts. Einmal wird rohes Pferdefleisch von einem toten Pferd am Wegesrand und roher Reis ausgeteilt, den die Häftlinge aber nicht essen können. 


Von den weiblichen Häftlingen sind am Schluss nur noch 450 über. Wer schwächelt und zu lange Pause macht, wird von den Bewachern erschossen. Am Schluss wiegt Trude 30 Kilo. Sie bricht auf einer Elbbrücke kurz nach einem Sonnenaufgang zusammen, wird aber nicht erschossen, weil ihre Peiniger glauben, dass sie ohnehin schon tot ist. Im Dämmerzustand hört sie ein Gespräch der Wächter mit, die über ihr stehen. "Ach, lass sie liegen, die ist doch ohnehin keinen Schuss mehr wert." Doch sie überlebt.

Robert Weiss

Geboren in Wien 1924, Familie aus Wien, Hietzing, Villenetage in der Eitelbergergasse, Volksschule am Hietzinger Platz, Unterstufe, Gymnasium Fichtnergasse. Familie ist wohlhabend. Großvater gründete ein Kleiderhaus - vom Lumpenverwerter zum Kaufhausbesitzer. „Der Kleiderhahn“, das Kaufhaus am Sparkassenplatz und später in der Mariahilfer Straße. Die gesamte Familie arbeitet im Kaufhaus des Großvaters.

 

Antisemitische Erlebnisse vor dem Anschluss sind selten. Einmal wurde Robert nach dem Anschluss beim Radfahren von zwei Jungen mit Hakenkreuzbinden gestoppt, weil er keine Armbinde trug. Die beiden haben ihn verhauen. Der Nachbar, mit dem sich die Familie die Villa teilt, erweist sich als illegaler Nazi. Sein Sohn war jahrelang Roberts Spielgefährte. Als die Familie die Auswanderung vorbereitet, ist er verwundert. "Warum flüchtet ihr, euch wird doch nichts passieren"?

 

Die Familie flüchtete unmittelbar nach dem Anschluss in die Tschechoslowakei und von dort nach Frankreich. Robert ging dort zur Schule und lernte gut Französisch. Nach dem Krieg arbeitete er als Jurist, unter anderem für Chanel und fühlt sich mit Frankreich bis heute innig verbunden.

 

Als die Nazis die Maginotlinie überschreiten, flieht die Familie aus Paris und schlägt sich Richtung Südfrankreich nach Nizza durch. Von dort geht es nach Spanien und Portugal und die Familie bekommt schließlich ein Visum zur Einreise in die USA. Seine Eltern und auch seine Großeltern haben es ebenfalls nach New York geschafft. Der slowakische Teil der Familie bleibt in Europa und wird im Holocaust fast vollständig ausgelöscht. Robert geht in New York zur Schule und meldet sich zur Army. Er wird wegen seiner Fremdsprachenkenntnisse beim Nachrichtendienst eingesetzt und verhört deutsche Soldaten und Offiziere. Unter anderem verhört er auch zahlreiche deutsche Wissenschaftler, die im Rahmen des deutschen Raketenprojekts eingesetzt wurden. So auch Wernher von Braun. Weiss: "Dem waren die 10.000en Sklavenarbeiter, die für sein Raketenprojekt leiden mussten, total egal. Er hat gesagt, davon wusste er nichts. Ich habe ihm nicht geglaubt." Weiss war und ist von den USA sehr enttäuscht, dass sie die Entnazifizierung unter dem Eindruck des beginnenden kalten Kriegs nicht ernsthafter betrieben haben.

 

Seinen Hass auf die Nazis versucht er in der Position als Verhör Offiziers bewusst zu disziplinieren. Er glaubt an die Menschenrechte. Nach dem Krieg engagiert sich der erfolgreiche Anwalt als Menschenrechtsaktivist, ist für Afrika aktiv und beschäftigt sich mit Friedenspolitik. Weiss vergleicht seine Position und Verhaltensweise als Verhörspezialist deutscher Gefangener mit jenen der heutigen US-Truppen im Irak. "Wir wären damals nie physisch geworden. Das hätte es für uns nicht gegeben. Es wäre der totale Verrat an allem gewesen, an das wir glaubten".

 

Nachdem er Deutschland und Österreich lange Zeit gemieden hatte, ist Weiss heute ganz im Sinne der Versöhnung unterwegs. Der Kontakt mit der jungen Generation hat ihn mit Österreich versöhnt, auch wenn er nicht sagen kann, dass er sich hier nun wieder zuhause fühlt. In den USA kommt bei ihm aber auch kein emotionales Heimatgefühl hoch. "Meine Heimat ist die Welt." 

Julian Scott, früher Julius Kornspann

 

Geboren 1913 in Wien, aufgewachsen im 13. und 14. Bezirk, erinnert sich an verschiedene Wohnungen der Familie, in der Gloriettegasse, in der Hütteldorfer Straße 139, wo die Familie ein Haus besaß, an eine Villa auf dem Gelände der familiären Seifen- und Margarinefabrik in Atzgersdorf. Die Familie war sehr reich. Julian studiert an der Universität Wien Chemie und arbeitet in den Fabriken des Vaters.

 

Er erfindet ein Verfahren für eine Spezialmargarine, die der Firma die besondere Treue der Bäcker und Konditoren einbringt. Eine Bäckervereinigung will die Margarinefabrik sogar "um jeden Preis" erwerben, doch der Vater verkauft sie nicht. Julius arbeitet zwar, führt sonst aber das Leben eines Playboys. Er betreibt viel Sport, ist ein begabter Hobbyboxer und Skifahrer, fährt ein eigenes Auto, einen Steyr und hat zwei Schwestern. Eine Echte und eine Halbschwester. Julius ist 25, als die Nazis einmarschieren. Seine Familie ist politisch unbedarft.

 

Als die Nazis einmarschieren, ist man empört, kann sich aber vorerst auf seine guten Beziehungen zu den Behörden verlassen. Doch dann nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Die Stiefschwester, die etwas labil war, nimmt ob der angespannten und für die Familie zunehmend existenzbedrohenden Lage eine Überdosis Schlaftabletten. Sie will sich nicht wirklich umbringen und wendet sich, bereits halb eingeschlafen, an Julius um Hilfe. Die Rettungsversuche scheitern. Seine Stiefschwester stirbt einen Tag nachdem man sie zu spät ins Spital gebracht hat.

 

Die SA nimmt das Haus auseinander, sucht nach Geld, nimmt der Mutter ihren wertvollen Familienschmuck weg. Als Julius und sein Vater schließlich gemeinsam eingesperrt werden, behandelt man sie bei der österreichischen Polizei vergleichsweise gut. Nach einigen Tagen kommt der Vater frei, doch Julius bleibt etwa zwei Monate in Haft.  Man versucht die Familie wegen ihres Vermögens und ihrer Fabrik zu erpressen. Dem Vater gelingt es - Julius weiß es nicht genau wie - einen Deal zu vereinbaren: Wenn Julius unterschreibt, dass er freiwillig das Land, nunmehr Teil des deutschen Reichs, verlässt, wird er freigelassen. Als Julius auf dringendem Anraten von Vater und Mutter unterschreibt, wird er von seiner Familie noch am selben Tag aus dem Land geschafft.

 

Mit gefälschten Papieren fliegt er nach Polen, wo man seine schlechten Papiere erkennt und ihn per Zug und bewacht wieder nach Wien zurückgeschickt. Während der Zug durch die Tschechoslowakei fährt, überlistet er seine Bewacher und springt aus dem Zug. Er schlägt sich bis zu einer Ortschaft durch, wo ihm Mitglieder der örtlichen jüdischen Gemeinde helfen, doch noch illegal nach Polen zu kommen. Gemeinsam mit einem professionellen Menschenschmuggler überquert er die Grenze und arbeitet einige Zeit in einer polnischen Seifenfabrik als Chemiker.

 

Noch vor dem Beginn des Angriffs der Deutschen auf Polen verschlägt es ihn nach Rumänien. Schließlich gelangt er über Umwege nach England, wo er bald als deutschsprachiger, vermeintlich feindlicher Ausländer nach Kanada verschifft und interniert wird. Als sich im Internierungslager eine Möglichkeit ergibt, sich freiwillig zur Armee zu melden, tut er dies. Er wird zum Nachrichtendienst eingezogen und verhört gegen Ende und nach dem Krieg deutsche Kriegsgefangene. Seine Eltern sieht er nach seiner Flucht nach Polen nie wieder. Erst nach dem Krieg erfährt er, dass sie nach Osten verschickt wurden und dort in den Lagern umkamen. Seine Schwester wird von ihm nach England geholt und überlebt den Krieg.

 

Julius nennt sich in England Julian, seinen Nachnamen ändert er auf Scott. Er gründet eine Fabrik für Haarpflegemittel und wird damit sehr erfolgreich. Er bezeichnet sich als reichen Mann. "Ich habe in Wien alles verloren und habe es in England jedoch um ein Vielfaches

wiederbekommen." Als richtiger Engländer hat er sich trotzdem nie gefühlt. "Ich bin Österreicher und Wiener. Jahrelang habe ich Österreich aus meinem Leben ausgeblendet. Heute gefällt es mir hier sehr gut. Ich überlege ernsthaft, eine Wohnung hier zu kaufen. London ist ja nicht weit entfernt. Ich könnte ja das halbe Jahr hier und das andere halbe Jahr dort leben." Julian ist 95, als er diesen Plan fasst.

Arthur Kern

Geboren 1928 in Wien, 1090. Die Familie ist wohl begütert, der Vater hatte eine Kurzwarenfabrik. Arthur verlebt eine glückliche Kindheit in Wien. Er hat einen Bruder, die Eltern wohnen in der Gussenbauergasse 1 in Wien, 9. Mit dem Anschluss ändert sich die Situation plötzlich und massiv. In der Schule werden die jüdischen Schüler sofort in die letzte Reihe gesetzt.

 

Die früheren nichtjüdischen Freunde, die sich vorher ganz normal verhalten hatten, meiden Arthur nun. Die Aufnahmeprüfung am Gymnasium schafft er noch, doch ins Gymnasium darf er nicht mehr gehen. Für Juden verboten. Arthur kommt in eine Schule nur für Juden. Mit der Reichskristallnacht verschlimmert sich die Situation. Arthurs Vater wird bedrängt seine Fabrik an einen Nazi abzugeben. Unter Druck muss er die Fabrik unter ihrem Wert verkaufen und

wird nachher noch des Betrugs bezichtigt. Das Geld, das er für seine Fabrik hätte bekommen sollen, wird von der Bank nicht an ihn ausbezahlt.

 

Die Eltern bemühen sich, die Kinder schnell außer Landes zu bringen. Beide Brüder werden von der israelischen Kultusgemeinde auf Tauglichkeit für einen Kindertransport nach Frankreich, den die Rothschilds bezahlen, untersucht, doch nur Arthur wird akzeptiert. Er ist jünger und auch intelligenter als sein Bruder und hat die besseren Schulnoten.

Der knapp Zehnjährige muss seine Familie verlassen, wird nach Frankreich geschickt und erlebt dort bis zum Fall Frankreichs einigermaßen sichere und glückliche Tage in einem Kinderheim, das in einem Jagdschloss der Rothschilds untergebracht ist. Mit den Eltern kann er in dieser Zeit noch korrespondieren, teils läuft die Korrespondenz über die Schweiz, wo die Familie Verwandte und Freunde hat. 1941 reißt der Kontakt abrupt ab.

 

Wie Arthur später erfährt, wird die Familie um diese Zeit in den Osten deportiert. Vater, Mutter und sein Bruder sterben in dem Vernichtungslager. Arthur wird in ein Kinderheim in den Vichyteil von Frankreich verlegt. Dort sind die Zustände ungemütlich. Die Versorgungslage wird zunehmend schlechter, die Vichyregierung nimmt die Nürnberger

 

Rassegesetze an, täglich ist zu befürchten, dass die jüdischen Kinder ausgeliefert und deportiert werden. Einige ältere Kinder werden in Einzelfällen bereits verhaftet und ausgeliefert. Die jüdischen Hilfsorganisationen organisieren mithilfe der amerikanischen Quäker eine Auswanderungsaktion nach den USA. Nicht jeder wird genommen.

Die USA wollen eher die jüngeren Kinder, sie sind leichter integrierbar und in Familien unterzubringen. Arthur hat Glück, er ist zwar schon etwas über 12, bekommt aber einen Platz im Transport in die USA. 1941 landet er bei einer Pflegefamilie in New York.

 

Er ist todunglücklich und jetzt, wo auch seine Freunde aus dem Kinderheim quer über die USA verteilt sind - erstmals komplett alleine. Doch er hat Verwandte in den USA. Seine Onkel und seine Tante, ebenfalls aus Wien, konnten ebenfalls auswandern. Es gelingt ihm, von den Pflegeeltern weg - und dort unterzukommen. Arthur geht zur Schule und wird drei Klassen tiefer eingereiht, als es seinem Alter entspricht, weil er kaum Englisch kann. Bald hat er wieder aufgeholt. Er ist ein guter Schüler und erhält später von einer jüdischen Hilfsorganisation ein Stipendium für die Universität. Er studiert Maschinenbau und arbeitet sein Leben lang als Techniker. Seine Frau ist ebenfalls eine aus Wien vertriebene Jüdin, die er in New York auf der Universität kennenlernt.

Leo Rechter

20 Bezirk in Wien. Vater jüdischer Fleischhauer. Religiös, aber nicht sehr. Liberal. Ein kräftiger Mann, der blond und blauäugig war und arischer ausgesehen hat als Himmler oder Göbels. Familie flieht nach der Kristallnacht nach Belgien. Als die Deutschen dort einmarschieren, werden die ausländischen Juden zuerst verhaftet.

 

Leos Vater wird als Bauarbeiter für den Atlantikwall eingesetzt und erhält eine Beglaubigung, dass seine Familie geschützt wird, wenn er freiwillig arbeitet. Nach dem Bau des Atlantikwalls werden die jüdischen Arbeiter trotzdem deportiert. Leos Vater kommt  in den Lagern um. Die Familie kann sich in Belgien dank eines geschäftstüchtigen Cousins, der auch hierher geflüchtet war und der Pfiffigkeit von Leo durchbringen.

 

Leo muss seine Mutter, seine kleine Schwester und seinen neugeborenen Bruder (der Vater zeugte ihn bei seinem letzten Besuch aus dem Arbeitslager – so etwas gab es) ernähren. Weil er blond und blauäugig ist, kann er trotz deutscher Besatzung weitgehend unauffällig auf den Straßen unterwegs sein. Andere illegal in Belgien lebende Juden verwenden ihn als Botengänger, für Einkäufe etc. Der findige Bub betreibt mit seinem Cousin sogar eine illegale Zigarettenfabrik.

 

Als eine ebenfalls illegal in Belgien lebende Jüdin auf der gegenüberliegenden Straßenseite verhaftet wird, entdeckt man auch die versteckte Souterrainwohnung der Rechters. Die SS-Schergen können mit dem Freibrief, den der Vater zuvor für die Sicherheit seiner Familie erwirkte, noch einmal aufgehalten werden. Sie ziehen ab und kündigen an, dass sie sich erkundigen werden, ob solch ein Freibrief überhaupt legal sei und dann wiederkommen. Noch am selben Abend verlassen die Rechters ihre Wohnung und finden im Dachgeschoß eines anderen Hauses eine Bleibe. Die Chuzpe dabei: Im Haus leben zwei Gestapo - Leute. Rechter: “Das war ja der Trick, die haben doch nie damit gerechnet, dass jemand sich als Jude traut, sich gerade hier zu verstecken." Doch ist die Gestapo nicht untätig. Die illegale Zigarettenproduktion des Cousins wird verraten und der Cousin verhaftet. Im Zuge des Verhörs wird er umgebracht, Leo sieht ihn nie wieder. Er selbst ist nur durch einen Zufall nicht vor Ort, als die Gestapo vorfährt.

Wissenschaftliche Beratung

Priv.-Doz. Mag. Dr. Marcus G. Patka

Zeit- und Kulturhistoriker, Germanist, seit 1998 Kurator im Jüdischen Museum Wien, zahlreiche Ausstellung zur Wiener jüdischen Geschichte sowie Wanderausstellungen in Deutschland, Israel, Australien und Chile.

Lektor an der Portland State University und am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, zahlreiche Publikationen im In- und Ausland.

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